Biomechanik der menschlichen Hüfte – Körpererfahrungen und theoretische Bestätigung

Im September 2004 kam ich nach mehrmonatigem Abwägen zu der folgenden Hypothese:

      Die Stützfunktion beim Einbeinstand wird durch die näher an der Wirbelsäule
      gelegenen Muskeln ausgeübt, denen man bislang die Funktion
      der Außenrotation zugeordnet hat.

© Henriette van der Wall 10.09.2004. Alle Rechte vorbehalten.
Begründung:

Erst das schwerpunktmäßige Training dieser Muskelgruppe, also der sogenannten lateralen Rotatoren, hatte mich wieder auf die Beine gebracht!

Sie sind in den beiden folgenden Abbildungen wegen der besseren Überschaubarkeit grün eingerahmt:

           
Abb. 7 Quelle der Ursprungsabbildung: Platzer, a.a.O.Abb. 8 Quelle der Ursprungsabbildung: Weineck, a.a.O
        Erläuterungen:
  • Nummer 1 = Musculus obturator internus
  • Nummer 3 = Musculus gemellus superior
  • Nummer 5 = Musculus gemellus inferior
  • Nummer 7 = Musculus quadratus femoris
  • Nummer 9 = Musculus obturator externus

Diese Muskeln werden als Gruppe gesehen und haben mehrere Bezeichnungen: tiefliegende, ventrale oder pelvitrochantere Muskulatur. Ich nenne sie aus Gründen der besseren Anschaulichkeit die kleinen inneren Gluteen – kiG, von anderer Seite wurde mal der Begriff Innere Muskeln (IM) genannt. Lassen wir uns überraschen, auf welchen der Begriffe man sich irgendwann mal einigen wird. Außernrotatoren sind die meisten von ihnen jedenfalls nicht.

Da ich der Auffassung war und bin, etwas Allgemeingültiges gefunden zu haben, versuchte ich, Wissenschaftler auf den Gebieten der Anatomie, Orthopädie und Physiotherapie dafür zu gewinnen, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen.

Mehere Male konnte ich feststellen, dass Forschungs–Ingenieure aus technischen Bereichen meinen Überlegungen zum Thema Biomechanik der menschlichen Hüfte wesentlich aufgeschlossener gegenüber stehen, als Mediziner. Auch haben sie keine Vorbehalte hinsichtlich eines naturwissenschaftlichen Verständnisses von Autodidakten. Deshalb schrieb ich Anfang 2010 parallel zu neuerlichen Versuchen, die Aufmerksamkeit von Medizinern zu gewinnen, auch an Forschende im Bereich des Maschinenbaus. Das führte Anfang des Jahres 2010 zum Durchbruch:

Prof. Dr. Ing. Wilfried Becker, Fachgebiet Strukturmechanik an der TU Darmstadt, reagierte umgehend wie folgt:
  • Es handelt sich um einen bereits erforschten mechanischen Zusammenhang.

  • Zusammenfassend kann man sagen:
    Für den Einbeinstand und das Gehen sind beide Muskelgruppen wichtig:
    • aus Gründen des Momentengleichgewichts die kleinen Gesäßmuskeln (Mm. gluteus medius et minimus)
    • aus Gründen eines „gesunden“ Kräftegleichgewichts die tief liegenden Gesäßmuskeln (Mm. obturator internus, obturator externus, gemellus superior, gemellus inferior, quadratus femoris).

  • Die mathematische Formel zur Berechnung der Kräfte dieser Muskeln ist relativ einfach, ihre Wirkungsweise im Hüftgelenk kann man durch Anwendung ebenfalls bekannter und bewährter Computersimulationen, in diesem Fall der Finite Elemente Methode, ermitteln.

  • Er kündigte mir an, eine Diplomarbeit zum Thema „Biomechanische Grundlagenuntersuchung am Hüftgelenk des Menschen“ auszuschreiben, zweidimensional wegen der Vergleichbarkeit mit Röntgenaufnahmen.



Der Student Suphi Khabbazeh, Fachbereich Strukturmechanik, recherchierte in der medizinischen Literatur alle erforderlichen Angaben zu
Ursprung, Verlauf und Ansatz von Muskeln, deren Querschnitte, sowie
die Winkel, in denen die Muskeln zwischen Becken– und Oberschenkelknochen verlaufen,
berechnete deren Kräfte mit der in der Mechanik bekannten Formel und
ermittelte die Auswirkungen dreier Kraftgrade (0,0; 0,5 und 1,0) auf die Situation im Hüftgelenk
mittels der Finite Elemente Methode, einer Simulationsmethode, die dank der hochentwickelten Computertechnik seit Jahrzehnten möglich ist.


Die folgenden Abbildungen wurden entnommen aus: Khabbazeh, Suphi, 2011, Biomechanische Grundlagenuntersuchung am Hüftgelenk des Menschen, Diplomarbeit S. 66; Technische Universität Darmstadt, Studienbereich Mechanik

                
Die Abbildung 1 zeigt die Konstellation im Hüftgelenk, wenn die Muskeln, die den Einbeinstand abstützen, eine Kraft = 0 haben. Man erkennt an Verlauf und Verteilung der farbigen Flächen, dass das Teilkörpergewicht senkrecht wirkt. Dadurch sind der äußere Rand der Hüftpfanne sehr stark sowie der Kopf einseitig belastet, während größere Anteile beider nicht belastet werden. Man erkennt eine sehr ungleichmäßige Verteilung der Last auf die Hüftpfanne. Die Abbildung 2 zeigt die Konstellation im Hüftgelenk, wenn die Muskeln, die den Einbeinstand abstützen, eine Kraft = 0,5 haben. Man erkennt an Verlauf und Verteilung der farbigen Flächen, dass das Teilkörpergewicht schräg Richtung Mitte und nicht mehr auf den Rand der Hüftpfanne drückt und den Kopf nicht mehr einseitig belastet. Dadurch wird die Belastung auf die Hüftpfanne zur Mitte hin verschoben und etwas gleichmäßiger. Die Abbildung 3 zeigt die Konstellation im Hüftgelenk, wenn die Muskeln, die den Einbeinstand abstützen, eine Kraft = 1,0 haben. Man erkennt an Verlauf und Verteilung der farbigen Flächen, dass das Teilkörpergewicht so weit zur Mitte verschoben wird, dass ein aus statischer Sicht optimaler Belastungswinkel entsteht, der im Prinzip dem Winkel des Oberschenkelhalses entspricht. Dadurch wirkt die Last des Teilkörpergewichtes optimal auf Hüftkopf und –pfanne.


Dieser Fakt ist sehr bedeutsam und nicht zu unterschätzen für weitere Forschungsaufgaben:

In der Medizin und Mechanik bekannte Fakten und Methoden mussten nur noch interdisziplinär zusammengeführt werden!
Durch einen Studenten! In einer Diplomarbeit!


In einer folgenden studentischen Projektarbeit wurde die Wirkungsweise dieser kleinen Muskeln auf das gesamte Hüftgelenk, also dreidimensional, ermittelt, ebenfalls mit der Finite Elemente Methode. Das erfordert wesentlich mehr Zeit, ob man dadurch bessere Aussagen für Diagnose und Therapie erhält, sollte geprüft werden

Als diese Arbeiten vorlagen, kümmerte ich mich um zwei Dinge:
Beides gelang:
Auch die längerfristige Reaktion war gleich Null. obwohl diese Erkenntnisse endlich der Allgemeinheit zukommen müssen. Dafür bräuchte man keine Feldforschung, da die mechanischen Gegebenheiten bei allen Menschen im wesentlichen gleich sind und die von mir entwickelte Vielzahl von Übungen sich bereits in der Praxis bewährt hat.

Will man jedoch genauere Diagnosen stellen und daraus personalisierte Therapien ableiten, dann sollte man den an der TU Darmstadt eingeschlagenen Weg fortsetzen und die Digitalisierung mit weiteren Komponenten ergänzen.

Anmerkungen:
  1. Nichtmediziner konnten sowohl auf einem Medizinerkongress auftreten als auch in einer medizinischen Zeitschrift veröffentlichen, wir hielten das für einen wichtigen Schritt hin zu interdisziplinärer Zusammenarbeit und auch zur Einbeziehung von Betroffenen.

  2. Das hatte mich ermutigt, eine Vielzahl von Fachleuten aus der Anatomie, Orthopädie, Sportwissenschaft und Physiotherapie darüber zu informieren – Reaktion ebenfalls fast gleich Null.

  3. Die Erklärung dafür gab mir der Leiter eines recht großen Krankenhauses: Die meisten Mediziner hätten Vorbehalte gegen Modellrechnungen und Simulationen, da man die gewünschten Ergebnisse ihrer Auffassung nach durch manipulierte Eingabedaten erzielen würde.

  4. Es ist sehr aufschlussreich, dass Mediziner sich in Autos und Flugzeuge setzen, wo die Finite Elemente Methode bei der Entwicklung neuer Prototypen seit über 30 Jahren eingesetzt wird.

    Mit dieser Methode werden die Wirkungen der Kräfte auf die neuen Materialien etc. berechnet, die bei hohen Geschwindigkeiten auftreten, also in solchen Zusammenhängen, in denen man nicht messen kann. Man kann es auch anders formulieren: Die Crashtests werden in der Auto– und Flugzeugindustrie auf dem Computer simuliert, um weniger Unfälle in der Praxis zu haben.

  5. Die Eingabedaten, mit denen die Kraft der Stützmuskulatur des Menschen ermittelt werden kann, sind bekannt, was sollte man denn dort manipulieren? Also ist das ein Scheinargument!

  6. Es ist auch unverständlich vor dem Hintergrund, dass bereits im Jahr 2010 in Leipzig Mediziner in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Mechanikern die Finite Elemente Methode zur Klärung einiger Fragestellungen erfolgreich und aussagefähig angewandt haben. Man wollte genauer wissen, welche Kraft die Sehnen und Bänder im Innenbreich des Beckens von Natur aus haben, um das nach Verletzungen oder anderen Krankheiten berücksichtigen zu können.

  7. NIcht nur für mich ergibt sich schon die Frage, ob man deshalb keine Notwendigkeit sieht, die Lastübertragung im menschlichen Hüftgelenk mal genauer zu untersuchen, weil Endoprothesen sich gerade bei diesem Gelenk auf Grund seiner Kugelform so gut einsetzen lassen.

Was mir wichtig ist:

Wenn man die Einführung dieser Erkenntnisse dem normalen Verlauf überlässt, wird es Jahrzehnte dauern, bis sich das rumgesprochen hat. Angesichts der hier nur kurz angerissenen Fakten wäre es dringend notwendig, das zu ändern. Sie, liebe Leserin, und Sie, lieber Leser, sind hiermit aufgefordert, daran mitzuwirken. Also melden Sie sich bitte bei mir, vielleicht haben Sie ja die Idee oder die Beziehungen, mit denen das schneller geht – hier gleich noch mal meine Mailadresse: h–vdw(at)gmx.net.



Alle Ideen und Hinweise werden dann auf dieser Seite veröffentlicht, wenn Sie möchten, mit Ihrem Namen.

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Letzte Änderung: 03.03.25